Solidarhaftung der Wohnungseigentümer

Die ab 01.07.2007 wirksame Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) führt zu diversen Verbesserungen der Rechtspositionen der Wohnungseigentümer gegenüber der bisherigen Rechtslage. Eine wichtige Verbesserung der Rechtsposition der Wohnungseigentümer ist in dem neu geschaffenen § 10 Abs. 8 WEG niedergelegt, der sich mit der bislang nicht normierten Frage der Haftung der Wohnungseigentümer befasst.

Ein Beispielsfall: Aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses einer neungliedrigen Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragt der Verwalter einen Heizungsbauer mit der Installation einer neuen Heizungsanlage. Wegen des monatelangen Verzugs eines Wohnungseigentümers mit den Hausgeldzahlungen und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines weiteren Wohnungseigentümers ist die Finanzlage der Gemeinschaft angespannt; ein Miteigentümer mit einem Anteil von 250/1.000 hat jüngst seine Hausgeldzahlungen eingestellt, weil er nicht mehr für die Kosten der Gemeinschaft „nahezu alleine“ aufkommen möchte. Der Heizungsbauer schickt dem Verwalter nach getaner Arbeit die Rechnung, bleibt aber trotz Mahnung ohne Zahlung. Was nun?

Vor der Anerkennung der Teilrechtfähigkeit der WE-Gemeinschaft durch des Entscheidung des BGH vom 02.06.2005 (V ZB 32/05) handelte es sich um eine Miteigentümergemeinschaft nach Bruchteilen; Verträge wurden zwischen jedem einzelnen Wohnungseigentümer und dem Werkunternehmer geschlossen, so dass jeder Wohnungseigentümer gesamtschuldnerisch (!) für die gemeinschaftliche Verbindlichkeit haftete. Der Heizungsbauer konnte also eine Werklohnklage gegen sämtliche Wohnungseigentümer richten. Er konnte sich wegen der Gesamtschuld aber auch von vorne herein den solventesten Wohnungseigentümer herausgreifen.

Seit dem 02.06.2005 galt die Rechtslage, dass eine Außenhaftung eines einzelnen Wohnungseigentümers neben der teilrechtsfähigen Gemeinschaft nur in Einzelfällen gelten sollte, in denen sich der Wohnungseigentümer hierzu ausdrücklich und eindeutig verpflichtet hatte. Soweit der Heizungsbauer seinen Anspruch gegenüber der Gemeinschaft nicht realisieren konnte, konnte er sich nicht an einzelne Wohnungseigentümer halten; vielmehr musste er die Ansprüche der Gemeinschaft im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer (auf Zahlung von Hausgeld, Sonderumlage, etc.) pfänden. Über die Pfändung des Anspruchs der Gemeinschaft gegen die Wohnungseigentümer auf Schaffung einer finanziellen Grundlage (Beschlussfassung über Wirtschaftsplan, Deckungsumlage, Jahresabrechnung, etc.) verblieb der einzelne Wohnungseigentümer mit Billigung des BGH in der vollen gesamtschuldnerischen Haftung.

Die ab 01.07.2007 geltende Rechtslage bedeutet einen Mittelweg: Ein Gläubiger ist zukünftig berechtigt, seine Ansprüche in voller Höhe gegenüber der Gemeinschaft und gleichzeitig in Höhe eines Teilbetrages, der dessen Anteil nach Miteigentumsanteilen entspricht (§ 16 Abs. 1 S. 2 WEG) gegenüber jedem Wohnungseigentümer geltend zu machen. Bei einer Klage des Heizungsbauers gegen die Gemeinschaft und den zahlungskräftigen Wohnungseigentümer würde er die Gemeinschaft also zu 75 % und den Einzeleigentümer zu 25 % der Hauptforderung in Anspruch nehmen. Es besteht also eine gesamtschuldnerische Haftung zwischen der weiterhin teilrechtsfähigen Gemeinschaft und dem in Anspruch genommenen Miteigentümer; dieser bereits z.B. seinen Beitrag zum Wirtschaftsplan oder zur Sonderumlage – an die Gemeinschaft schon geleistet hatte, steht im gegenüber dieser in Höhe der persönlichen Inanspruchnahme durch den Heizungsbauer ein Ausgleichsanspruch zu; ist der Anspruch nicht realisierbar, kann sich der Miteigentümer bis zur Höhe derer Miteigentumsanteile unmittelbar an die Wohnungseigentümer halten. Wie bei dem dargestellten vertraglichen Anspruch haftet jeder Miteigentümer auch bei Verletzung der Verkehrssicherungspflicht einem Geschädigten unmittelbar und persönlich anteilig nur in Höhe seines Miteigentumsanteiles. Schließlich erfasst die Solidarhaftung eines Wohnungseigentümers nur solche Ansprüche, die während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft entstanden oder während dieses Zeitraums fällig geworden sind; Abgrenzungsfragen sind in Fällen des Eigentumswechsels im betreffenden Zeitraum von Bedeutung.

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