Wozu denn eine Treuhandabwicklung bei Kaufvertrag über eine Immobilie?

Entgegen landläufiger Meinung wird mit einem Kaufvertrag selbst kein Eigentum erworben. In einem Kaufvertrag werden lediglich Verpflichtungen festgeschrieben. Durch einen Kaufvertrag über eine Immobilie verpflichtet sich der Verkäufer, dem Käufer Eigentum an der Immobilie in einem bestimmten Zustand (z.B. „lastenfrei“) zu verschaffen; dies bedeutet, dass Belastungen, die im Grundbuch eingetragen sind, wie Grundschulden in Abteilung III des Grundbuches, gelöscht werden müssen. Der Käufer verpflichtet sich in diesem Kaufvertrag in der Regel lediglich zur Zahlung eines vereinbarten Kaufpreises.

Der Vertrag über die Übertragung des Eigentums selbst ist ein gesonderter Vertrag gemäß § 873 BGB, der in der Form des § 925 BGB ebenfalls notariell beurkundet werden muss; er wird hier „Auflassung“ genannt. Dieser weitere Vertrag kann zusammen mit dem Kaufvertrag aber auch gesondert beurkundet werden. Damit ist aber auch noch nicht das Eigentum auf den Käufer übergegangen. Dies erfolgt mit der Eintragung im Grundbuch. Erst damit verliert der Verkäufer Eigentum und erhält der Käufer das Eigentum. Diesen Vorgang nennt man „Vollzug im Grundbuch“.

Hier bestehen nun Besonderheiten, die unbedingt zu beachten sind: Wird eine Urkunde mit erklärter Auflassung sowie Antrag und Bewilligung von Grundbuchvollzug dem Grundbuch zugeleitet, vollzieht das Grundbuch, d.h. der vormalige Eigentümer verliert sein Eigentum und der Käufer erhält Eigentum. Dieser Vorgang ist völlig unabhängig davon, ob der Käufer den Kaufpreis bezahlt hat oder nicht und auch völlig unabhängig davon, ob der Verkäufer eine Pflicht erfüllt hat, wie z.B. das zu übertragende Grundstück frei von Belastungen, wie Grundschulden u.ä., zu stellen.

Um abzusichern, dass der Käufer für seinen Kaufpreis das Grundstück in dem Zustand erhält, wie der Verkäufer sich im Kaufvertrag verpflichtet hat, und andererseits der Verkäufer sein Eigentum an der Immobilie nur dann verliert, wenn der Käufer seine Zahlungsverpflichtung erfüllt hat, ist die Treuhandabwicklung der sicherste Weg.

Käufer und Verkäufer erteilen dem beurkundenden Notar einen Auftrag zur treuhänderischen Abwicklung des Kaufvertrages. Dies hat konkrete Auswirkungen:

  • a. Der Käufer bezahlt seinen Kaufpreis nicht auf ein Bankkonto des Verkäufers, sondern auf ein vom Treuhandnotar hierzu eingerichtetes Sonderkonto, ein sog. „Notar-Anderkonto“. In der dazu zwischen den Beteiligten und dem Notar abzuschließenden Treuhandvereinbarung wird der Notar angewiesen, über dieses Geld nur zu verfügen, wenn sichergestellt ist, dass der Käufer das Eigentum an der Immobilie in dem Zustand erhält, wie der Verkäufer es zu übertragen sich im Kaufvertrag verpflichtet hat.
  • b. Andererseits hat auch der Verkäufer die Sicherheit, dass er sein Eigentum nur verliert, wenn gesichert ist, dass der Käufer den hierzu vereinbarten Kaufpreis auch tatsächlich bezahlt hat.

Der Notar verfährt dann so, dass er die im Kaufvertrag oder gesondert beurkundete Auflassung erst dann zum Vollzug an das Grundbuch weiterleitet, wenn

  • Der Käufer den Kaufpreis auf dem Anderkonto einbezahlt hat,
  • Dem Notar die Löschungsbewilligung der Gläubiger des Verkäufers vorliegen, die Inhaber von dinglichen Lasten (z.B. Grundschulden) sind sowie evt. Grundschuldbestellungen zugunsten der Bank des Käufers (Kaufpreisfinanzierung),
  • Der Notar sich vergewissert hat, dass der Umschreibung des Eigentums im Grundbuch keine Hindernisse entgegenstehen (z.B. Zwangsversteigerungs- oder sonstige Zwangsvollstreckungsmaßnahmen u.ä.)

Solche Treuhandabwicklungen werden auch von Rechtsanwälten oder Banken vorgenommen. In diesem Fall ist es wichtig, dass zwischen den Kaufvertragsparteien als Treugeber und dem Rechtsanwalt oder der Bank

Die hierdurch für beide Seiten gewonnene Sicherheit wiegt unendlich schwerer, als die vergleichsweise geringen Kosten der Treuhandabwicklung, die sich Käufer und Verkäufer regelmäßig hälftig teilen.

Auch der Käufer läuft bei einer anders gestalteten Abwicklung nämlich ein großes Risiko. Beispiel: Der Käufer bezahlt ordnungsgemäß den Kaufpreis in der im Kaufvertrag bestimmten Frist auf ein vom Verkäufer angegebenes persönliches Konto. Oder eine zwischenzeitlich durchgeführte Zwangsvollstreckungsmaßnahme oder ein sonstiger Grundbucheintrag blockiert den Vollzug. Was er nicht wissen konnte: Dem Verkäufer gelang es z.B. nicht, eine Löschungsbewilligung beizubringen für eine Grundschuld, die auf der Immobilie lastete; ein lastenfreier Erwerb ist daher nicht möglich. Sein Geld ist der Käufer aber los. Ist der Verkäufer zwischenzeitlich sogar in Insolvenz gefallen oder kann er aus anderen Gründen das Geld nicht wieder zurückbezahlen, hat der Käufer ein echtes Problem. Es trifft den Verkäufer möglicherweise zwar strafrechtlich eine üble Folge, dies verschafft aber dem geprellten Käufer nicht sein Geld wieder – in meiner langjährigen Praxis alles schon vorgekommen!

Deshalb ist es im wohlverstandenen Interesse beider Parteien, Verkäufer wie Käufer, Grundstückskaufverträge über Treuhandaufträge abzuwickeln. Nur dann ist der Käufer gesichert, dass er das Kaufobjekt in dem Zustand zu Eigentum erhält, wie es ihm vom Verkäufer versprochen wurde und andererseits der Käufer sein Geld nur verliert, wenn gesichert ist, dass er das vertraglich bestimmte Eigentum auch tatsächlich erhält. Es ist auch billinger, sich vorher Rechtsrat einzuholen als spätere „Reparaturversuche“ zu unternehmen.

Verfasser: RA Norbert Müller