Der Energieausweis für Gebäude – cui bono?

Zum 01.10.2007 ist die EnEV 2007 (Ener­gieein­spar­ve­rord­nung) in Kraft ge­tre­ten; die­se for­dert von Hau­sei­gen­tü­mern die Er­stel­lung ei­nes Ener­gie­pas­ses für ihr Ge­bäu­de. Für Lai­en kaum durch­schau­bar ist da­bei, wel­cher Haus­be­sit­zer von die­ser Pflicht mit wel­cher Reich­wei­te be­trof­fen ist; um zu ver­ste­hen, wem die neue Ver­or­dung nützt, zu­nächst kurz zu den we­sent­li­chen Re­ge­lun­gen der EnEV 2007:

Die EnEV 2007 sieht die Ver­pflich­tung des Ei­gen­tü­mers ei­nes Ge­bäu­des vor, zu­stän­di­gen Be­hör­den auf Ver­lan­gen ei­nen Ener­gieaus­weis (Gül­tig­keit zehn Jah­re) vor­zu­le­gen und die­sen Käu­fern, Mie­tern und sons­ti­gen Nut­zungs­be­rech­tig­ten ei­nes Ge­bäu­des auf An­for­de­rung zur Ein­sicht­nah­me zu­gäng­lich zu ma­chen.

Der nur als In­for­ma­ti­ons­quel­le die­nen­de Aus­weis ist als Be­darf­saus­weis (für Ener­gie­be­darfs­wer­te nach in­ge­nieur-techn. nor­ma­ti­vem Re­chen­ver­fah­ren; ab 300 €) ob­li­ga­to­risch für neue Ge­bäu­de und für Häu­ser, für die vor dem 01.11.1977 ein Bau­an­trag ge­stellt wur­de und die we­ni­ger als fünf Wohn­ein­hei­ten auf­wei­sen, so­wie fa­kul­ta­tiv nach § 9 EnEV bei Än­de­rung oder Er­wei­te­rung von Ge­bäu­den. Da­ge­gen er­fasst der Ver­brauchs­aus­weis (ab 50 €) die für das Ge­bäu­de tat­säch­lich ver­brauch­te Ener­gie­men­ge; er ist in al­len an­de­ren Fäl­len zu­läs­sig. Für Häu­ser mit ei­nem Bau­jahr vor 1977 so­wie bau­jah­ru­nab­hän­gig für Wohn­ge­bäu­de mit mehr als vier Wohn­ein­hei­ten gilt da­her Wahl­frei­heit.

Die Aus­weis­pflicht galt be­reits für Neu­bau­ten und bei we­sent­li­chen Um­bau­ten. Für Bes­tands­ge­bäu­de sind Ener­gieaus­wei­se ver­pflich­tend

  • ab 01.07.2008 für Wohn­ge­bäu­de mit Bau­fer­tig­stel­lung bis 1965,
  • ab 01.01.2009 für ab 1966 er­rich­te­te Wohn­ge­bäu­de und
  • ab 01.07.2009 für Nicht­wohn­ge­bäu­de.

Als rei­nes In­for­ma­tions­pa­pier über die Im­mo­bi­lie soll der Aus­weis kei­ner­lei Rechts­wir­kun­gen aus­lö­sen. Sein Ziel ist es, In­ves­ti­tio­nen in die ener­ge­ti­sche Mo­der­ni­sie­rung von Ge­bäu­den zu er­hö­hen und künf­ti­gen Nut­zern als Ent­schei­dungs­hil­fe bzgl. der Ein­schät­zung der Ener­gieef­fi­zienz ei­nes Hau­ses zu die­nen. Da­her hat selbst ein feh­ler­haf­ter Ener­gieaus­weis kei­ne Aus­wir­kun­gen auf ab­ge­schlos­se­ne Im­mo­bi­lien­kauf- oder Miet­ver­trä­ge.

An­de­res gilt aber, wenn der Ei­gen­tü­mer, Ver­wal­ter, Ver­mie­ter oder Ver­käu­fer den Aus­weis in den ‑ ins­be­son­de­re neu­en ‑ Ver­trag auf­ge­nom­men hat; hier be­steht die Ge­fahr (!), dass die An­ga­ben des Ener­gieaus­wei­ses bzgl. Be­darf oder Ver­brauch zur zu­ge­si­cher­ten Ei­gen­schaft wer­den; die Ge­fahr ist beim Ener­gie­be­darf­saus­weis be­son­ders groß, weil hier un­ab­hän­gig vom kon­kre­ten Nut­zer­ver­hal­ten (Ver­brauch des Vor­nut­zers wäh­rend der drei vo­ri­gen Ab­rech­nungs­pe­rio­den) der im Aus­weis be­schei­nig­te Ener­gie­be­darf und der tat­säch­li­che Ener­gie­ver­brauch mas­siv aus­ei­nan­der fal­len kön­nen. Der Mie­ter wird dann wohl ei­ne ho­he Be­triebs­kos­ten­nach­for­de­rung ver­wei­gern; es wird aber auf den kon­kre­ten Ver­brauch an­kom­men, weil aus der EnEV kei­ne „Kap­pung“ der Heiz­kos­ten ab­ge­lei­tet wer­den kann. Auch könn­te aus­nahms­wei­se ein Mo­der­ni­sie­rungs­an­spruch ent­ste­hen.

Bei feh­len­der In­for­ma­ti­on vor Ab­schluss ei­nes Miet­ver­tra­ges und Vor­lie­gen ei­nes Man­gels dro­hen Min­de­rungs-, Män­gel­be­sei­ti­gungs-, Scha­den­er­satz­an­sprü­che und Zu­rück­be­hal­tungs­rech­te. Miet­ver­trä­ge soll­ten da­her die „Sons­ti­ge Ver­ein­ba­rung“ ent­hal­ten, dass der vor­ge­leg­te Ener­gieaus­weis nur In­for­ma­ti­ons­zwe­cken dient, aber kei­ne aus­drück­li­che oder still­schwei­gen­de Er­klä­rung zur Be­schaf­fen­heit der Miet­sa­che dar­stellt. Ei­ne Be­tei­li­gung der Mie­ter an den Kos­ten ei­nes Ener­gieaus­wei­ses kann nur im Fal­le ei­ner Miet­er­hö­hung nach Mo­der­ni­sie­rung er­fol­gen.

Weil der Ener­gieaus­weis nach § 17 III EnEV für das ge­sam­te Ge­bäu­de, so­mit auch für das Ge­mein­schafts­ei­gen­tum gilt, ge­hört die Er­stel­lung oder Be­schaf­fung des Aus­wei­ses im Rah­men der ord­nungs­ge­mä­ßen Ver­wal­tung zum Auf­ga­ben­be­reich des Woh­nungs­ei­gen­tums­ver­wal­ters. Folg­lich darf er ei­gent­lich oh­ne Be­schluss der Ge­mein­schaft tä­tig wer­den, wo­von aber drin­gend ab­zu­ra­ten ist. Statt­des­sen soll­te der Ver­wal­ter die Mit­ei­gen­tü­mer um­fas­send in­for­mie­ren und die recht­zei­ti­ge Be­schluss­fas­sung zum Punkt „Ener­gieaus­weis für Ge­bäu­de“ auf die Ta­ges­ord­nung der nächs­ten Ei­gen­tü­mer­ver­samm­lung set­zen. Im Fal­le ei­ner „schwa­chen“ Klas­si­fi­zie­rung des Ge­bäu­des dürf­te ein Ei­gen­tü­mer auf Grund­la­ge der §§ 14, 15 WEG ei­nen ge­gen die Ge­mein­schaft ge­rich­te­ten An­spruch auf Ener­gie­spar­maß­nah­men im Rah­men ei­ner sog. mo­der­ni­sie­ren­den In­stand­set­zung er­wer­ben. Ge­ra­de Ei­gen­tü­mer mit Ver­kauf­sab­sich­ten wer­den ar­gu­men­tie­ren, die Woh­nung sei oh­ne Ener­gie­sa­nie­rung we­ni­ger wert. So­weit sich sol­ches an­zeigt, soll­ten die Ver­wal­ter die Ins­tand­hal­tungs­rück­la­gen auf­sto­cken las­sen.

Schon heu­te darf das Fa­zit ge­zo­gen wer­den, dass der Ener­gieaus­weis die Be­wer­tung und den Wert von Im­mo­bi­lien ver­än­dern wird. Mie­ter wer­den als Grund­la­ge für den Miet­preis das Ver­hält­nis von Heiz­kos­ten und Grund­mie­te be­wer­ten. Käu­fer wer­den bei un­güns­ti­ger Ge­sam­te­ner­gieef­fi­zienz nur ge­rin­ge­re Kauf­prei­se zah­len wol­len. Das Ri­si­ko des Ener­gieaus­wei­ses liegt al­so in ei­ner He­rab­set­zung des all­ge­mei­nes Miet- und Kauf­preis­ni­veaus.

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(von RA Jörg Diebow)